Strand ist nicht einfach Strand in Italien. Es gibt die „spiaggia libera“, den freien Strand. Und es gibt die „stabilimenti“, die von einem Pächter betriebenen und mit Liegestühlen und Sonnenschirmen ausgerüsteten Strandanlagen. Das wahre Sommervergnügen empfindet der Italiener am freien Strand. Denn hier kommt er normalerweise nicht ölsardinenartig neben Seinesgleichen zu liegen. Die im Grunde anarchische und zivilisatorische Urtriebe weckende Okkupation des eigenen Stück Landes mit Handtuch, Sonnenschirm und neuerdings auch sogenannten Strandmuscheln gibt den Bewohnern des italienischen Stiefels im Sommer ein Stück der Freiheit zurück, die sie in den Mühen des Alltags aufgegeben haben. Der Strand ist außerdem des Italieners Eigentum. Die 7500 Kilometer Küste in Italien sind nämlich Staatsbesitz. Wer sich an der Küste breit macht, etwa mit der Konstruktion wahrhaftiger Immobilien oder auch nur mit vorübergehenden Konstruktionen, der legt sich im Prinzip mit dem ganzen Land an (oder hat beste Beziehungen zu den Behörden). Wenn es nun aber dazu kommt, dass der Italiener morgens am Strand bereits ganze Batterien von Sonnenschirmen, Handtüchern oder sonstigen Platzhaltern vorfindet, dann wird es ernst. Die Rede ist vom „Krieg der Sonnenschirme“. Einer der Schauplätze
dieser Auseinandersetzung ist die toskanische Provinz Livorno. Im Seebad Marina di Cecina machten Angehörige der italienischen Küstenwache zuletzt schon am frühen Morgen einen grausigen Fund: 37 Liegestühle, 30 Sonnenschirme, Handtücher und „sogar Badekleidung“, wie die Zeitung La Repubblica entsetzt festhielt, alles verteilt auf einer Länge von 100 Metern, in unmittelbarer Nähe des Wassers. Hier wollte eine ganze Armada von Badegästen ganz offenbar das Prinzip des freien Strandes konterkarieren, indem die Platzhalter bereits am Vorabend deponiert worden waren. Die Beamten der Küstenwache konfiszierten die Gegenstände. Die Rechtsgrundlagen für diesen eigentlich sehr unitalienischen Akt behördlicher Intoleranz sind mannigfaltig. Da wären zum Beispiel das Gebot des allgemeinen Anstands, die von der Küstenwache in diesem Jahr offenbar besonders eng ausgelegte „Operation sicheres Meer“ sowie ein Erlass der Gemeinde Marina di Cecina. Sinngemäß muss diesem zu Folge mit bis zu 200 Euro Bußgeld rechnen, wer sich der übereifrigen Reservierung…