In der Woche danach hat sich Mirko Graziano von der »Gazzetta dello Sport« Urlaub genommen und sein Telefon ausgeschaltet. Stefano Pasquino von »Tuttosport« ist drei Tage ans Meer gefahren, um sich zu erholen. Am Schlimmsten hat es Andrea Ramazzotti vom »Corriere dello Sport« erwischt. Er ist unmittelbar nach seiner Rückkehr vom Champions-League-Finale in Madrid ins Krankenhaus gegangen, weil es ihm »nicht so gut« gehe, wie er mit schwacher, fast versagender Stimme ins Handy haucht. Was genau es ist, weiß er auch nicht. Aber es wäre kein Wunder, wenn der Auslöser seiner Kreislaufprobleme José Mourinho hieße. »Bitte erst in ein paar Tagen wieder melden!« Das ist die Standard-Antwort, mit der die Reporter von Italiens großen Sporttageszeitungen Fragen nach dem Gespenst abwehren, auf das sie in den vergangenen zwei Jahren Jagd gemacht haben. Oder war es der Trainer von Inter Mailand, der die italienischen Journalisten bis in ihre Träume verfolgt hat? Jedenfalls haben die Beteiligten ziemlich viele blaue Flecken aus ihrer zweijährigen Chaosbeziehung davon getragen. Es ist ein
bisschen wie bei einem Wirbelsturm, der übers Land hinweg gezogen ist. Er hat alles durcheinandergebracht und war so schnell wieder vorbei, wie er aufgekommen ist. Jetzt rappeln sich die Geschundenen auf und begutachten den angerichteten Schaden. Am Ende haute es sogar José Mourinho selbst um. Nachdem er im ersten Jahr bereits italienischer Meister wurde, gelang ihm in der zweiten Saison das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League. Keiner in Italien hatte das bisher geschafft. Nach 45 Jahren brachte er Inter den Pokal der Landesmeister zurück. Bei der Siegerehrung im Madrider Bernabeu-Stadion am 22. Mai brach Mourinho an der Brust des Inter-Präsidenten Massimo Moratti in Tränen aus wie ein kleines Kind. Zärtlich strich der Präsident dem Trainer einige Male über den Kopf, um ihn zu trösten. Der stolze Mourinho wirkte auf einmal ganz klein und verletzlich. Verrat an Inter Mailand Der Moment bekam seine Dramatik vor allem aus dem Verrat, den Mourinho begangen hatte.…