Zu Beginn der Saison galt Paulo Dybala als ein Problem bei Juventus Turin. Der viermalige Serienmeister steckte eine Niederlage nach der anderen ein. Die alte Garde um Torwart Gianluigi Buffon lag mit der angeblich gedankenlosen Jugend in den eigenen Reihen im Clinch, darunter auch der 22 Jahre alte Dybala. Trainer Massimiliano Allegri wurde kritisiert, wenn er den fahrigen Argentinier einsetzte - und wenn dieser auf der Bank saß, war es auch nicht recht. Jetzt, ein paar Monate später, prasseln die Lobeshymnen auf den argentinischen Nationalspieler ein. Er sei ein „Weltphänomen“ schrieb die „Gazzetta dello Sport“ zuletzt, das „starke Symbol eines neuen Zyklus“. Die hinkenden Vergleiche sind Legion: Dybala sei der neue Roberto Baggio, hieß es, er habe die von Carlos Tévez bei Juventus Turin hinterlassene Lücke gestopft, sagen andere. Was ist nur im sonst so nüchternen Turin passiert? Abgesehen davon, dass der italienische Fußballbetrieb bekanntlich einen Hang zur Emphase hat, ist die Diagnose unkompliziert: Der italienische Rekordmeister hat vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League am Dienstag
gegen den FC Bayern eine beeindruckende Siegesserie in der Serie A hingelegt. Nach 15 gewonnenen Spielen in Serie und der Eroberung der Tabellenspitze ging erst das letzte Match am Freitag gegen den FC Bologna wieder unentschieden aus (0:0). In den vergangenen neun Partien musste die Abwehr, das Prunkstück der Italiener, nur ein einziges Gegentor hinnehmen. Und der erfolgreichste Torschütze, der Jüngling, der zu Saisonbeginn als überteuerter Fehleinkauf abgestempelt worden war, hat die meisten Treffer im Team erzielt. In 25 Serie-A-Partien gelangen Paulo Dybala 13 Tore. Er ist damit Turins neuer Wunderheiler. Es ist eine beinahe groteske Situation. Der frühere Unsicherheitsfaktor Nummer eins stellt plötzlich die größte Gewissheit bei Juventus Turin dar. Gewiss, die Mannschaft von Trainer Allegri strotzt vor Selbstbewusstsein und ist sich ihrer Chancen angesichts der Verletzungsmisere beim FC Bayern bewusst. Aber sollte man den entscheidenden Faktor für die Wiederbelebung der Mannschaft nach den Schwierigkeiten zu Saisonbeginn benennen, dann führt kein Weg an Paulo Dybala…