Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.4.2017 - Juventus fertigt den FC Barcelona 3:0 ab - der Star des Abends ist Paulo Dybala. Der Stürmer mit dem Bubengesicht trifft zweimal und lässt die Turiner vom großen Coup träumen.

Gigi Buffon hat in seinem Fußballerleben schon fast alles erlebt. Der Torwart von Juventus Turin ist 39 Jahre alt, er hat mehr als 1000 Spiele als Profi absolviert. Einer der wenigen Titel, die ihm noch fehlen, ist der Gewinn der Champions League. Als der Senior am späten Dienstagabend auffallend innig einen 16 Jahre jüngeren Mitspieler freudig umschlang, lag in dieser Geste mehr als Zuneigung. Der schon leicht graumelierte, bärtige Buffon drückte Paulo Dybala, diesen an diesem Abend besonders glücklichen Jungen mit Bubengesicht, an sich. Der 23-jährige Argentinier wirkte in diesem Moment für Buffon wie der wertvolle Schlüssel zum letzten noch nicht gehobenen Schatz. Dybala erzielte am Dienstagabend zwei Tore beim 3:0-Sieg des italienischen Rekordmeisters gegen den FC Barcelona. Es war zwar erst das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League, bis zum Endspiel am 3. Juni in Cardiff sind noch einige Hürden zu nehmen. Aber die Art und Weise, wie Juventus Turin und sein Angreifer Dybala die erfolgreichste Klubmannschaft der vergangenen zehn Jahre dominierten, gab

der Partie ihre eigentliche Bedeutung. "Vor dieser Juve hat nun ganz Europa Angst", schrieb die "Gazzetta dello Sport".Das Publikum im mit 40 000 Zuschauern ausverkauften Juventus Stadium hatte dem Gefühl, dass es 19 Jahre nach dem letzten Gewinn der Champions League wieder einmal so weit sein könnte, schon vor dem Anpfiff Ausdruck gegeben. "It's time", es ist an der Zeit, war in überdimensionalen Lettern der Choreographie zu lesen. Auch aus italienischer Perspektive trifft diese Sicht zu. 2010 gewann mit Inter Mailand zuletzt ein Team der Serie A die Champions League. Juventus Turin hat sich stellvertretend für die Serie A Schritt für Schritt zur europäischen Spitze hochgearbeitet. 2015 stand das Team bereits im Finale des Wettbewerbs. Der FC Barcelona entschied das Match damals mit 3:1 Toren für sich. Paulo Dybala stand damals noch in Diensten von US Palermo und war Monate zuvor noch in der zweiten italienischen Liga aktiv. Nur Experten war der Name des Argentiniers ein…

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.4.2017 - Juventus Turin ist der nationalen Liga längst entwachsen. Gegen den spanischen Klub will der italienische Serienmeister beweisen, dass er endlich wieder zur europäischen Spitze zählt.

Giorgio Chiellini hat eine eher ruhige Fußballwoche hinter sich. Der Abwehrspieler von Juventus Turin sah von der Ersatzbank aus zu, wie seine Mannschaft das italienische Pokalfinale erreichte. Auch am Sonntag, als seine Kollegen die Tabellenführung in der Serie A verteidigten, saß Chiellini am Spielfeldrand. Richtig gefordert war der 32-Jährige ein paar Tage zuvor. Im blauen Anzug und mit Krawatte musste er vor den Professoren der Wirtschaftsfakultät der Universität Turin seine Masterarbeit verteidigen. Die Juroren gaben dem Kicker die Höchstnote für ein Werk mit dem Titel: "Das Business-Modell von Juventus Turin im internationalen Vergleich".An diesem Dienstag erfahren die theoretischen Überlegungen des Innenverteidigers so etwas wie ihre praktische Überprüfung. Juventus Turin trifft im Viertelfinale der Champions League auf den FC Barcelona, einen Verein, der lange Zeit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sportlich das Nonplusultra des europäischen Vereinsfußballs war. Die 0:2-Niederlage der Katalanen am Sonntag in Malaga sowie das 0:4 im Achtelfinal-Hinspiel gegen Paris Saint-Germain wertet man in Turin als Anzeichen dafür, dass die Champions-League-Sieger von 2006, 2009, 2011 und 2015 nicht

mehr so unbesiegbar sind wie noch vor ein paar Jahren. Juventus Turin hat sich systematisch auf Duelle wie das am Dienstagabend im heimischen Stadion vorbereitet. Der lebendige Nachweis für diesen Versuch, endlich wieder auf Augenhöhe mit den besten Klubs Europas zu spielen, trägt den Namen Gonzalo Higuaín. 90 Millionen Euro gab Juventus im Sommer für den 29 Jahre alten Stürmer aus, der noch im vergangenen Jahr 38 Saisontore für den SSC Neapel erzielte, für die weiterhin eher defensiv denkenden Vereine der Serie A ein beeindruckender Rekord. In Turin macht Higuaín dort weiter, wo er in Neapel aufgehört hatte. Schon 27 Treffer erzielte der Argentinier in dieser Spielzeit, für die letzten vier Tore seines Teams, zwei davon beim 2:0-Sieg am Sonntag gegen Chievo Verona, war er persönlich verantwortlich. Die Rekord-Ablöse gilt in Turin bisher als gelungenes Investment. Noch besser verrechnen ließe sich der teuerste Serie-A-Transfer überhaupt mit einem Erfolg gegen Barcelona. Schon…

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.10.2016 - Der Serie-A-Verein US Sassuolo hat mit jungen, italienischen Spielern und einem Industrie-Koloss im Rücken Erfolg.

Es ist noch nicht lange her, da war die Kleinstadt Sassuolo vor allem für Anisschnaps, frittierte Gnocchi und als Zentrum der italienischen Fliesenindustrie bekannt. Ein eher unscheinbarer, 41 000 Einwohner fassender Ort, umgeben von anderen schönen italienischen Städten namens Parma, Modena oder Bologna. Inzwischen hat sich diese Sichtweise gewandelt und das ist in erster Linie dem örtlichen Fußballverein zu verdanken. Als eine Art Aschenputtel des calcio wurde US Sassuolo erst ignoriert, dann unterschätzt. Inzwischen wird der Club sogar international bewundert. Die Geschichte der Unione Sportiva Sassuolo Calcio ist schon bald 100 Jahre alt. Das Kleid des zur Bedeutungslosigkeit verdammten Provinzclubs begann der Verein erst seit 2002 abzustreifen. Damals begann der Unternehmer Giorgio Squinzi seine Investitionen aus der vom Doping verseuchten Welt des Radsports in den Fußball umzuleiten. Anstatt das nach seiner Firma Mapei benannte Radsportteam weiter zu unterstützen, übernahm Squinzi US Sassuolo. Nach vielen Jahren in niederen Spielklassen gelang dem Team 2013 schließlich der Aufstieg in die Serie A. Squinzi, eigentlich ein Fan des AC Mailand, erwarb damals

auch das Fußballstadion von Reggio Emilia und stellte es dem Verein zur Verfügung, der damit nach Juventus Turin und Udinese Calcio der dritte italienische Erstligist mit eigenem Stadion war. In der vergangenen Saison kamen durchschnittlich nur 11 000 Zuschauer zu den Heimspielen, dafür gelang erstmals die Qualifikation für die Europa League. Wenn man Generaldirektor Giovanni Carnevali nach den Gründen für den Erfolg fragt, dann verweist er erst einmal auf den „Weitblick unseres Eigentümers Doktor Squinzi“. Squinzi, der bis Frühsommer für vier Jahre Präsident des italienischen Arbeitgeberverbandes war und einer der größten Industriellen Italiens ist, habe den „kleinen Verein übernommen, um ihn groß zu machen“.   Wie groß, wird sich erst noch zeigen. Fest steht, dass Squinzis Firma Mapei sich mit Sassuolo auch ein inzwischen europaweit ausstrahlendes Aushängeschild geschaffen hat. Die Verbindung zwischen US Sassuolo und dem Mapei-Konzern, der unter anderem Fliesenkleber und andere chemische Bauprodukte herstellt, ist eng. Präsident des Vereins ist Squinzis…

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.10.2016 - Ein Fehler von Torwart Gianluigi Buffon prägt das 1:1 im WM-Qualifikationsspiel zwischen Italien und Spanien

Ein Fehler von Torwart Gianluigi Buffon prägt das 1:1 im WM-Qualifikationsspiel zwischen Italien und Spanien „Papera“ ist das italienische Wort für Torwartfehler. Es bedeutet Ente und spielt auf die unbeholfen wirkenden Bewegungen dieses Wasservogels an Land an. So ungeschickt sah am Donnerstagabend auch das lebende italienische Torwartdenkmal Gianluigi Buffon aus, als der Spanier Víctor Machín Pérez genannt Vitolo in der 55. Minute im WM-Qualifikationsspiel zwischen Italien und Spanien auf den Keeper von Juventus Turin zulief. Sergio Busquets hatte einen langen Pass vor den Strafraum gespielt, Buffon lief heraus und verfehlte in komischer Manier den Ball. Vitolo schob zum 1:0 für Spanien ins leere Tor ein. So ist das, wenn Legenden sich selbst entzaubern. Buffon ist ein Symbol. Im Turiner Juventus Stadium spielte er bereits seine 164. Partie im Italien-Trikot, bis heute ist er eine Art hochmotivierter Dauerbrenner, sowohl im Tor des italienischen Rekordmeisters als auch der Nationalmannschaft. Mit Juventus Turin startete er in diesem Jahr in seine 15. Saison, er hielt dem

Club sogar in der Serie B die Treue. Mit der „Squadra azzurra“ ist die WM 2018 das große und letzte Ziel des 38-Jährigen, das er mit seinem Patzer aber selbst gefährdete. Nur der Gruppensieger qualifiziert sich direkt, die besten Gruppenzweiten haben noch eine Chance in den Playoffs. Nach dem 1:1 (0:0) vom Donnerstag vor 38 000 Zuschauern belegt Italien nach zwei Spielen nur Platz 3 in Gruppe G. Am Sonntag gegen Mazedonien ist daher ein Sieg notwendig. „Du auch, Gigi“, höhnte die Gazzetta dello Sport am Freitag über das Missgeschick des Kapitäns. Alle paar Jahre wartet Buffon mit schweren Fehlern auf. Franz Beckenbauer attestierte dem Torwart in diesem Zusammenhang vor Jahren die Reaktionsschnelle eines Pensionärs. Ansonsten steht der alternde Keeper für den Erfolgshunger und die Unermüdlichkeit der Italiener, die Spanien noch vor drei Monaten im EM-Achtelfinale mit einem fulminanten 2:0-Sieg aus dem Turnier geworfen hatten. Furchtlos und aggressiv war das Team von Antonio Conte damals auf den Gegner…