Man wusste ja, dass Italiener und Franzosen sich nicht besonders leiden können. Man wusste auch, dass beide Völker es sehr ernst nehmen mit der Kunst des Kochens. Aber dass es darüber wirklich zu einem Krieg kommen musste? Der jüngste Zusammenstoß der beiden selbstbewussten romanischen Kulturen betrifft nicht etwa Grenzstreitigkeiten am Montblanc oder einen nicht gegebenen Elfmeter beim Fußball. Es geht um die Carbonara, deren Name ja eigentlich schon deutlich macht, wer die Deutungshoheit über diesen Stein des Anstoßes hat. Italien natürlich. Und doch ist zwischen Turin und Taranto vom „Krieg der Carbonara“ die Rede. Denn selbsternannte Kochkünstler jenseits der Alpen haben sich angemaßt, das berühmte italienische und insbesondere in der Stadt Rom gepflegte Pasta-Rezept neu zu interpretieren und damit die Grundfesten der italienischen Ess-Kultur zum Beben gebracht. Um zu verstehen, welches Sakrileg die Franzosen von „Demotivateur Food“ begangen haben, muss man sich gar nicht einmal ihr Video im Internet zu Gemüte führen. Selbst angeblich rustikale Gaumen erschaudern angesichts des von Frankreich begangenen Sakrilegs: rohe Schmetterlingsnudeln, roher Speck, rohe Zwiebeln werden lieblos in einen unappetitlichen Teflontopf geworfen, mit
Wasser aufgegossen und 15 Minuten lang gekocht. Sahne verboten Allein bei dieser Methode des Nudelkochens biegen sich dem Durchschnitts-Italiener die Zehennägel nach oben. Als französische Hände anschließend auch noch Sahne, nicht näher definierten Käse sowie Pfeffer in das undefinierbare Amalgam werfen, scheint das „Carbonara“ genannte Verbrechen perfekt. Auf dem ganz offensichtlich ungenießbaren Produkt im Teller platziert ein dreister Franzose zuletzt auch noch ein Eigelb. Sogar dem normalerweise eher unempfindlichen italienischen Nudelproduzenten Barilla, dessen Farfalle in dem Rezept missbraucht wurden, war das zu viel. „Mon dieu!“, distanzierte sich die Firma von dem anrüchigen Internet-Filmchen. „Wir sind offen für alle kreativen Interpretationen der mythischen Carbonara, aber diese hier geht eindeutig zu weit!“ Die Turiner Tageszeitung La Stampa stellte eine ganze „Serie kulinarischer Fehler“ fest: Einer der schwersten davon die – auch bei deutschen Kantinen- und Hobbyköchen beliebte – Beigabe von Sahne. Die angesehene Zeitung fragte, „wie man in 47 Sekunden einen Mythos…