Badische Zeitung, 28.9.2016 - Beim Referendum am 4. Dezember steht die politische Zukunft von Italiens Premier Renzi auf dem Spiel

Im Theater Obihall von Florenz steht an diesem Mittwoch eine Tragödie auf dem Programm. Am Tag danach startet Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi von derselben Bühne aus eine Kampagne, die aus seiner Sicht keinesfalls in einem Drama enden darf. Es geht um die Volksabstimmung über eine Verfassungsreform, die die italienische Regierung für den 4. Dezember angesetzt hat. Renzi, seine Reformministerin Maria Elena Boschi sowie Tausende Freiwilligen-Komittees sollen die Italiener bis dahin von der Notwendigkeit dieser „Mutter aller Reformen“, wie das Projekt im Regierungslager genannt wird, überzeugen. Den Start seiner Kampagne im Florentiner Theater, das mehr von einem Zirkuszelt als von einer ehrwürdigen Bühne hat, ist nicht zufällig gewählt. Am selben Tag vor acht Jahren kündigte Renzi dort seine Kandidatur für die Wahl des Bürgermeisters in Florenz an. Der heute 41-Jährige setzte sich durch, sein Aufstieg über den Parteivorsitz der italienischen Sozialdemokraten bis ins Amt des Premiers begann. Der Toskaner will nun seine Erfolgsgeschichte am selben Ort weiter schreiben. Ob das gelingt, ist allerdings mehr als fraglich. Fast alle Umfragen sehen die

Gegner der Reform im Vorteil. Sämtliche Oppositionsparteien sowie der linke Flügel in Renzis Partito Democratico sind für ein klares „Nein“. Renzi bleiben 70 Tage, um das Blatt zu wenden. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, Kosten einzusparen, den bislang komplizierten Gesetzgebungsprozess zu vereinfachen sowie mehr Stabilität zu garantieren. Zu diesem Zweck soll der italienische Senat, eine der beiden Parlamentskammern, in eine zweitrangige Versammlung umgewandelt und seine Mitglieder von bisher 315 auf 100 verringert werden. Vertrauensabstimmungen würden künftig nur noch im Abgeordnetenhaus abgehalten, die Gesetze müssten nicht mehr wie bisher mehrfach zwischen den beiden Kammern hin und herpendeln. Die chronische Instabilität italienischer Regierungen soll so überwunden werden. „Mit einem ,Nein' kommt Italien nicht auf die Füße“, sagte der Ministerpräsident. Wer Veränderung wolle, der solle bei der Kampagne helfen. Als Berater engagierte Renzi bereits vor Monaten den Kommunikationsexperten Jim Messina, dem unter anderem die Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama im Jahr 2012…

Südkurier, 18.9.2016 - Don Gabriel Amorth, der weltweit berühmteste Exorzist, ist im Alter von 91 Jahren gestorben.

Er war der bekannteste Vertreter seiner Zunft und zweifellos ein Original. Pater Gabriel Amorth, ehemaliger Chef-Exorzist der Stadt Rom. Am vergangenen Freitag ist er im Alter von 91 Jahren gestorben. Wer ihn noch vor ein paar Jahren in seinem schlichten Zimmer in einem römischen Priesterwohnheim besuchte, der begegnete einem alten Mann, der durchaus kurzweilig von seiner Lebensaufgabe erzählten konnte. Allein Amorths Erscheinung machte bereits Eindruck. Nicht besonders groß, ein kahler, wuchtiger Kopf, eine Brille mit silbernem Rand. Aus seinem Mund sprudelten Erzählungen vom Teufel, die den Mann teilweise selbst zum Schmunzeln brachten. Seine Aufgabe und die täglichen Rendezvous mit den Dämonen nahm Amorth jedoch bis zum Schluss todernst. 1986 wurde der in Modena geborene Priester vom römischen Kardinalvikar zum offiziellen Exorzisten der Diözese Rom ernannt, gegen seinen Willen. Amorth, der nach dem Krieg im Widerstand gegen das faschistische Regime in Italien aktiv war, hatte zuvor noch nie einen Exorzismus betrieben, seinem Vorgesetzten zu Folge aber Talent. Wie er später erklärte, zählte dazu vor allem eine Eigenschaft. Man müsse

an den Teufel glauben, sonst sei es verständlicherweise schwer, ihm entgegen zu treten. Auch die Kirche, insbesondere ihre Spitze, sei nicht gefeit gegen die Angriffe des Bösen, sagte Amorth. Ein Kardinal habe ihm einst gestanden, dass er nicht an den Teufel glaube. Sein Fazit: „Will man den Glauben verlieren, dann genügt es in den Vatikan zu gehen!“ Amorth, der der italienischen Christdemokratie und deren Nestor Giulio Andreotti eng verbunden war, hat seine Exorzismen nie exakt gezählt. Manche behaupten er habe seit 1986 70 000 Exorzismen betrieben, andere sprechen von 160 000. Er selbst rückte diese Zahlen einmal zurecht, indem er erklärte, nicht bei alle Begegnungen habe es sich um regelrechte Exorzismen gehandelt. Die große Menge seien Befreiungsgebete gewesen, sogenannte große Exorzismen wegen akuter Besessenheit seien in seiner Karriere vielleicht hundertmal notwendig gewesen. In diesen Fällen, erzählte Amorth, sei es wild zugegangen. Die Besessenen hätten ihn bespuckt, getreten, bedroht. Nicht nur einmal habe…

Rheinische Post, 17.9.2016 - In Rom gehört der Faschismus immer noch zum Alltag. Forscher machen einen Aufsehen erregenden Fund.

Benito Mussolini hätte sich diesen Ort nur sieben Jahrzehnte nach seinem Tod wohl anders vorgestellt. In den faschistoiden Mosaiken vor dem Foro Italico in Rom fehlen viele Steine, die Marmorplatten am Boden sind zerborsten. Glasscherben und Kronkorken säumen den Obelisken, der einst als antikisierendes Herrschaftssymbol des faschistischen Regimes am Rand der italienischen Hauptstadt aufgestellt worden war. Nur noch die Inschrift prangt ebenso provokant wie selbstverständlich auf dem knapp 18 Meter hohen und 300 Tonnen schweren Monument am Tiber: Mussolini Dux steht da in Großbuchstaben, Führer Mussolini. Rom hat einen nonchalanten Umgang mit seiner Vergangenheit. Besonders für Neuankömmlinge ist es verstörend, dass das faschistische Regime auch 70 Jahre nach seinem Zusammenbruch so allgegenwärtig ist in der Stadt. Ebenso monumental wie unwirklich wirken etwa die Gebäude und Straßenzüge im ab 1938 für die Weltausstellung konzipierten EUR-Viertel im Süden. Im Norden steht das ab 1928 errichtete Foro Mussolini, eine überdimensionale Sportanlage, die heute Foro Italico heißt und immer noch als Sportstätte dient, etwa für Fußballspiele und ein Tennisturnier. Die architektonisch durchaus bedeutsamen Stätten des

Faschismus gehören in Rom zum Stadtbild. Bis heute fügen sie sich unkommentiert in den Alltag ein. Diese Besonderheit der Römer im Umgang mit der Vergangenheit sticht auch jetzt wieder ins Auge, da zwei Altphilologen aus den Niederlanden und Deutschland eine Aufsehen erregende Studie veröffentlicht haben. Mit „The Codex Fori Mussolini – A Latin Text of Italian Fascism“ (Bloomsbury) interpretieren die beiden Altertumswissenschaftler Han Lamers und Bettina Reitz-Joosse eine in Vergessenheit geratene Propaganda-Botschaft in den Fundamenten des Mussolini-Obelisken. Die Schrift ist auf Englisch übersetzt und kommentiert herausgegeben. Jahrzehntelang war keine Rede von der kleinen Metallkiste im Mussolini-Obelisken, in der sich seit 1932 ein Pergament mit einer Art faschistischem Testament versteckt. Lamers und Reitz-Joosse haben den mysteriösen Schatz gleichsam gehoben, ohne ihn je in Händen gehalten zu haben. „Es ist höchstwahrscheinlich, dass sich der Text dort unten befindet“, sagt Altphilologe Lamers, der an der Humboldt-Universität Berlin und an der Katholischen Universität…

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.9.2016 Der italienische Erstligist AS Rom ist immer noch vom knapp 40 Jahre alten Francesco Totti abhängig.

Es gibt Sonntage, da finden in der Serie A eher gewöhnliche Fußballspiele statt, aber das Gebrüll auf den Straßen von Rom ist dennoch unverhältnismäßig groß. Am vergangenen Wochenende war das etwa der Fall. Am dritten Spieltag traf der AS Rom auf Sampdoria Genua, eigentlich kein Spiel, vor dem die Anhänger schlaflose Nächte zubringen. Als die Partie abgepfiffen wurde, schien es sogar in unaufgeregten Vierteln der Stadt, als habe die heimische Mannschaft mindestens den FC Barcelona in einem epochalen Match besiegt. Dabei lag alles nur an ihm, Francesco Totti. Totti wird in zwei Wochen 40 Jahre alt. Im Stadio Olimpico hatte er am Sonntag mal wieder einen seiner ganz großen Auftritte. Er, der alternde Kapitän des AS Rom, den Zwölfjährige in der Hauptstadt genauso verehren wie Greise. Zur Untermalung der Unglaublichkeit des Augenblicks listete das römische Lokalblatt Il Messaggero am Dienstag die Historie der schweren Verletzungen des 1976 geborenen Stürmers auf, der nach dieser Diagnose eigentlich seit Jahren im Ruhestand sein müsste: „Zwei schwere Knieverletzungen, ein Stück Eisen seit zehn Jahren im linken Bein, elf Schrauben im linken Knöchel, Bandscheibenleiden, chronische Schmerzen in den Oberschenkeln“. Mit anderen Worten, ein physisches Wrack. Stattdessen schleppt sich

dieses lebendige Denkmal mit übernatürlich wirkender Leichtigkeit Woche für Woche von einer Heldentat zur anderen. Wäre Totti kein Fußballer, sondern Priester, hätte der Vatikan längst ausreichend viele Argumente für eine sofortige Heiligsprechung. Stattdessen erreicht die profane Totti-Verehrung in Rom ungekannte Dimensionen, die etwa in der medialen Aufmerksamkeit gemessen werden kann. Der Corriere dello Sportwidmete dem bekanntesten Fußballer der Stadt auch am Dienstag noch neun Seiten. Was war passiert? Am Sonntag lag der AS Rom zur Halbzeit gegen Genua mit 1:2 zurück. Nach einer 80-minütigen, von einem schweren Unwetter verursachten Spielpause, wechselte Trainer Luciano Spalletti zu Beginn der zweiten Halbzeit Totti ein. Und es wurde Licht. Totti verwandelte in der 93. Spielminute nicht nur den entscheidenden Foulelfmeter zum 3:2-Endstand für den AS Rom, sein 249. Treffer in der Serie A. Der Kapitän hatte zuvor auch noch die glänzende Vorlage zu Edin Dzekos 2:2-Ausgleich gegeben und drei weitere Torchancen vorbereitet. „Tottifabelhaft“,…