Es gibt zwei Möglichkeiten, die katholische Kirche zu verändern. Die eine ist, aus der Zeit gefallene Regeln und Bräuche im Hauruckverfahren aufzuheben. Die wahrscheinliche Konsequenz wäre ein Schisma, die Abspaltung desjenigen Teils des Klerus, der diese Neuordnung nicht will. Die andere Möglichkeit ist, Prozesse in Gang zu bringen, die letztendlich zum selben Ergebnis führen, aber die katholische Kirche im Wesentlichen zusammen halten. Diesen Prozess hat Papst Franziskus in den vergangenen Jahren gewählt. Am 13. März ist er fünf Jahre im Amt. Wirklich greifbare Ergebnisse vorzuweisen hat der Papst kaum. Bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ist Franziskus nicht konsequent, die Kurienreform gleicht fünf Jahre nach ihrem Beginn oft immer noch einem Brainstorming, die Vatikanfinanzen hat der Papst bis heute nicht im Griff. Dazu kommen persönliche Widersprüche, die aber auch mit den Erwartungen der Öffentlichkeit zu tun haben. Sie will im lustigen Jorge Bergoglio vor allem einen milden Hirten erkennen, der im Umgang mit seinem Apparat von brutaler Autorität sein kann. Dieser Aspekt passt nicht in das Bild, das sich die meisten Menschen
vom Papst gemacht haben. Sein offener Blick auf Armut, Umwelt, aber auch auf die Ökumene hat Maßstäbe gesetzt, die aber für seinen Nachfolger keine bindende Wirkung haben. Schwieriger wird es eines Tages sein, sich nach dem Pauperismus Bergoglios wieder in päpstlichem Prunk oder in einer Limousine zu zeigen. Die Weichenstellung mit den unmittelbarsten Folgen ist die Auswahl, die Franziskus bei der Nominierung neuer Kardinäle getroffen hat. Nicht arrivierte Theologen sind aus seiner Sicht zur Leitung der Kirche geeignet, sondern Männer, die an aus europäischer Sicht vergessenen Orten der Welt ihre Mission erfüllen. Diese Politik wird die Kirche nachhaltig prägen, die Zusammensetzung des Kardinalskollegiums macht die Wahl eines Nachfolgers aus der westlichen Hemisphäre immer unwahrscheinlicher. Die noch kaum sichtbaren, aber folgenreichsten Veränderungen hat der Jesuit Jorge Bergoglio bewirkt, indem er sich beim Gründer seines Ordens, Ignatius von Loyola, orientiert hat. Franziskus hat das spirituell-ignatianische Prinzip der „Unterscheidung der Geister“…