Es war kein bombastischer Empfang für einen König, aber es war doch ein Empfang. Der Bürgermeister war mit seiner Schärpe gekommen, der Rektor der Wallfahrtskirche, der lokale Polizeichef. Ein paar Journalisten waren auch da sowie eine Handvoll Anhänger des Königshauses von Savoyen, als die sterblichen Überreste von Italiens de facto letztem amtierenden König am Sonntag in seine italienische Heimat überführt wurden. Viktor Emanuel III. (1869-1947) liegt nun in einem Sarkophag in der Wallfahrtskirche von Mondovì, eine Autostunde südlich von Turin. Ob sein Leichnam hier auch Ruhe finden wird, wie es der Priester in seiner Andacht wünschte, steht dahin.
Dass ein König 70 Jahre nach seinem Tod in dem einst von ihm regierten Land beigesetzt wird, kann kaum als Stein des Anstoßes herhalten. Viktor Emanuel III. ging nach Einführung der Republik 1946 ins ägyptische Exil, wo er im Folgejahr starb, einen Tag nach Unterzeichnung der italienischen Verfassung. Es sind eher die Umstände, unter denen die Rückführung seiner Überreste nun geschah. Am Freitag war bereits seine Gemahlin Elena aus ihrem Grab in Montpellier nach Mondovì transportiert worden. Klammheimlich sollte alles vor sich gehen, denn Viktor Emanuel II. gilt vor allem wegen seiner Rolle während des italienischen Faschismus als persona non grata in Italien.
Nach jahrelangen Verhandlungen zwischen den Nachkommen und dem Staatspräsidenten war zum 70. Todestag nun offenbar der Zeitpunkt gekommen. Staatspräsident Sergio Mattarella hatte die Rückführung aus Alessandria in einer Cargo-Maschine der Luftwaffe genehmigt, darüber rümpften manche bereits die Nase. Die Erben übernahmen nur die Kosten der Bestattung. Angehörige und Verehrer umhüllten den Sarg des Mannes zur Aussegnung mit einer Savoyer-Fahne. In der Rückführung sehen sie zudem nur eine vorläufige Zwischenstation. Der König möge seine allerletzte Ruhe im römischen Pantheon finden, forderte Emanuele Filiberto. „Das Pantheon ist die letzte Ruhestätte der italienischen Könige, Viktor Emanuel III war der letzte König und hat 46 Jahre lang regiert“, schlussfolgerte der aus Realityshows bekannte Urenkel. Diese Ehre gebühre selbstverständlich auch seinem Urgroßvater.
Das sehen jüdische Gemeinden, Partisanenverbände und Historiker anders. Viktor Emanuel III. sei „mitverantwortlich für alle politischen Entscheidungen des faschistischen Regimes“ in Italien, sagte die Historikern Elena Aga Rossi. Der letzte amtierende italienische König duldete den Aufstieg Benitos Mussolinis und unterzeichnete 1938 die Rassengesetze. Angelastet wird ihm zudem, die italienische Armee mit seiner Flucht gegen Kriegsende ins Chaos gestürzt und so noch zahlreiche Todesopfer verursacht zu haben. So jemand habe keinen Platz in der Ruhmeshalle der Republik.
Als „Komplizen“ des faschistischen Regimes bezeichnete ihn die Präsidentin der jüdischen Gemeinden in Italien, Noemi Di Segni und stellte eine berechtigte Frage: „Was hat Italien in den vergangenen 80 Jahren getan, um die historische, politische und juristische Verantwortung von Viktor Emanuel III. festzustellen?“ Nichts, lautet die Antwort. Überhaupt gibt es bei der Aufarbeitung des Faschismus in Italien noch Luft nach oben. Rechte Politiker polemisieren immer wieder, ob das Kriegsende 1945 wirklich als „Befreiung“ vom Faschismus gefeiert werden müsse. Erst vor Tagen behauptete Ex-Premier Silvio Berlusconi im Hinblick auf die immer noch weitverbreitete Achtung Mussolini in Italien, dieser sei eigentlich gar kein richtiger Diktator gewesen.