Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.5.2016 Der ehemalige Bayern-Stürmer Luca Toni, Liebling aller Schwiegermütter, beendet seine Karriere.

Glanzvoll ist dieses Karriereende wahrlich nicht. Hellas Verona steht als Absteiger der Serie A fest, Luca Toni war während seiner letzten Saison als Fußballer oft verletzt und erzielte gerade mal eine Handvoll Treffer. Sein Trainer Luigi Delneri vertraute ihm zuletzt auch nicht mehr richtig. „Ciao Bello!“, rief ihm eine süddeutsche Boulevardzeitung nach, als der italienische Stürmerstar im Jahr 2009 vom FC Bayern nach Italien zurückkehrte. Jetzt ist der Abschied endgültig. Luca Toni hat entschieden, dass nach dem Heimspiel mit Hellas Verona am gestrigen Sonntag gegen Serienmeister Juventus Turin Schluss ist. Man muss sich mit 38 Jahren nicht mehr alles antun, denkt sich der Weltmeister von 2006. Auch das Match am letzten Spieltag in Palermo will sich Toni sparen. Und er hat recht: Wie sehr mühen und mühten sich die anderen, alternden Stürmerhelden von Berlin mit dem Absprung zu rechten Zeit. Alessandro Del Piero wurde als Galionsfigur bei Juventus Turin vor die Türe gesetzt und der ewige Römer Francesco Totti hat sich selbst an den Rand der ultimativen Demütigung gebracht. Er würde sogar gratis

für seinen AS Rom antreten, flehte er bis vor kurzem. Irgendein römischer Fußballgott bemerkte, dass in Totti doch noch magische Kräfte schlummern und lässt ihn nun serienweise entscheidende Tore erzielen, die wohl in einen letzten Jahresvertrag münden werden. Im Gegensatz zu den Vereinsikonen aus dem italienischen WM-Team von 2006 war Toni der Tor-Vagabund, ein hochaufgeschossener Fußball-Söldner, ein manchmal schwerfällig wirkender, oft sehr effizienter Turm an der Schwelle zum modernen Geschwindigkeits-Fußball. Hübsch anzusehen sei sein Spiel bekanntlich nicht, sagte der schöne Toni über sich selbst. Die Münchner, die in ihm alle Stereotypen ihrer Italiensehnsucht wiederzuerkennen meinten, können Toni noch einmal im Juli erleben. Da soll der Prozess wegen 1,7 Millionen Euro angeblich hinterzogener Kirchensteuer während seiner Zeit beim FC Bayern beginnen. Ausgerechnet der katholische Luca, Traum aller italienischen Schwiegermütter! Toni war immer beliebt, aber als Fußballer nirgends zu Hause. Bei sechzehn Profivereinen stand der Stürmer unter Vertrag, er…

Augsburger Allgemeine, 28.4.2016 An der Zubereitung von Spaghetti alla Carbonara scheiden sich die Geister. Zwischen Italienern und Franzosen ist es deshalb zu einem Zerwürfnis gekommen.

Man wusste ja, dass Italiener und Franzosen sich nicht besonders leiden können. Man wusste auch, dass beide Völker es sehr ernst nehmen mit der Kunst des Kochens. Aber dass es darüber wirklich zu einem Krieg kommen musste? Der jüngste Zusammenstoß der beiden selbstbewussten romanischen Kulturen betrifft nicht etwa Grenzstreitigkeiten am Montblanc oder einen nicht gegebenen Elfmeter beim Fußball. Es geht um die Carbonara, deren Name ja eigentlich schon deutlich macht, wer die Deutungshoheit über diesen Stein des Anstoßes hat. Italien natürlich. Und doch ist zwischen Turin und Taranto vom „Krieg der Carbonara“ die Rede. Denn selbsternannte Kochkünstler jenseits der Alpen haben sich angemaßt, das berühmte italienische und insbesondere in der Stadt Rom gepflegte Pasta-Rezept neu zu interpretieren und damit die Grundfesten der italienischen Ess-Kultur zum Beben gebracht. Um zu verstehen, welches Sakrileg die Franzosen von „Demotivateur Food“ begangen haben, muss man sich gar nicht einmal ihr Video im Internet zu Gemüte führen. Selbst angeblich rustikale Gaumen erschaudern angesichts des von Frankreich begangenen Sakrilegs: rohe Schmetterlingsnudeln, roher Speck, rohe Zwiebeln werden lieblos in einen unappetitlichen Teflontopf geworfen, mit

Wasser aufgegossen und 15 Minuten lang gekocht. Sahne verboten Allein bei dieser Methode des Nudelkochens biegen sich dem Durchschnitts-Italiener die Zehennägel nach oben. Als französische Hände anschließend auch noch Sahne, nicht näher definierten Käse sowie Pfeffer in das undefinierbare Amalgam werfen, scheint das „Carbonara“ genannte Verbrechen perfekt. Auf dem ganz offensichtlich ungenießbaren Produkt im Teller platziert ein dreister Franzose zuletzt auch noch ein Eigelb. Sogar dem normalerweise eher unempfindlichen italienischen Nudelproduzenten Barilla, dessen Farfalle in dem Rezept missbraucht wurden, war das zu viel. „Mon dieu!“, distanzierte sich die Firma von dem anrüchigen Internet-Filmchen. „Wir sind offen für alle kreativen Interpretationen der mythischen Carbonara, aber diese hier geht eindeutig zu weit!“ Die Turiner Tageszeitung La Stampa stellte eine ganze „Serie kulinarischer Fehler“ fest: Einer der schwersten davon die – auch bei deutschen Kantinen- und Hobbyköchen beliebte – Beigabe von Sahne. Die angesehene Zeitung fragte, „wie man in 47 Sekunden einen Mythos…