Wie kamen Sie auf die Idee, ein Interview-Buch mit Papst Franziskus zu machen? Andrea Tornielli: Als ich im März 2015 in der Messe war, in der Papst Franziskus ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit ankündigte, dachte ich mir, es wäre schön, ihm lauter Fragen zu diesem Thema stellen zu können. Ich hatte ihn schon zweimal für »La Stampa« interviewt sowie für ein Buch mit dem Titel »Diese Wirtschaft tötet«. Mir ging es nicht um alle möglichen Fragen, die Franziskus in Interviews oder auf seinen Pressekonferenzen bei den Auslandsreisen beantwortet, das wäre nichts Neues gewesen. Das Gespräch sollte sich nur um das Thema Barmherzigkeit drehen. Erstens läuft gerade das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, und zudem hat er das Thema von Beginn seines Pontifikats an als zentral gekennzeichnet. Barmherzigkeit ist das Kernthema seines Pontifikats. Wie kam es dann zu dem Interview? Tornielli: Ich habe ihm geschrieben. Er hat erst gezögert. Nachdem ich ihm dann aber einen Katalog von etwa 30 Fragen und möglichen Themen zukommen ließ, sagte er zu. Im Wesentlichen kam der Stoff
für das Buch im Juli 2015 bei einem einzigen Treffen zusammen. Anschließend gab es einen längeren E-Mail-Wechsel und ein paar Telefonate mit ihm persönlich, um die Antworten zu korrigieren. Wo genau fand das Gespräch statt? Tornielli: In seiner Wohnung im Gästehaus Santa Marta. In der Suite, in der er als frisch gewählter Papst eigentlich nur ein paar Tage bleiben sollte und in der er heute noch wohnt. Die Wohnung besteht eigentlich nur aus Schlafzimmer, Arbeitszimmer und Wohnzimmer. Ich habe nur das Wohnzimmer gesehen, in dem wir saßen. Ein niedriger Tisch, zwei Sessel, ein kleines Sofa und nur wir zwei. Ich auf einem der Sessel, er auf dem Sofa. Wie lief das Treffen ab? Tornielli: Er hatte die Bibel und die Konkordanz der Kirchenväter vor sich liegen, er hatte einige Zitate vorbereitet. Für mich war das eine einmalige Gelegenheit. Ich hatte nur einen kleinen Block mit den Fragen dabei und…