Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 8.4.2012 Zwei unbekannte Fußballprofis deckten den Wettskandal in Italien auf. Nun werden sie gefeiert - und müssen ihren alten Platz im Leben wiederfinden.

Es ist jetzt ein Jahr her, dass Fabio Pisacane ein Niemand war. Ein Niemand, dem im April 2011 der Sportdirektor seines früheren Vereins Ravenna Calcio 50 000 Euro anbot, wenn er mit dem AC Lumezzane, seinem damaligen Klub, absichtlich verlieren würde. Pisacane lehnte ab, zeigte Giorgio Buffone an und trug zur Aufdeckung des italienischen Wettskandals bei. Inzwischen kennt man den 26 Jahre alten Verteidiger im ganzen Land, auch auf den Plätzen der dritten Liga. Beim Auswärtsspiel in Pavia vor ein paar Wochen beschimpfte ihn ein gegnerischer Spieler von der Bank und rief: "Buscetta!" Pisacane hatte Mühe, ruhig zu bleiben, aber er sagte nichts. Tommaso Buscetta war der bekannteste Kronzeuge der sizilianischen Mafia, ein Massenmörder, der später das System der Cosa Nostra auffliegen ließ. Täglich gelangen neue Details über das faulige System des Calcio an die Öffentlichkeit. Andrea Masiello, der frühere Kapitän des AS Bari, hat zugegeben, in der vergangenen Saison im Spiel gegen US Lecce absichtlich ein Eigentor erzielt zu haben. Er und seine

Komplizen sollen dafür 250 000 Euro von der Wettmafia bekommen haben. Wieder ist die Rede von Serie-A-Vereinen, die in Manipulationen verwickelt sind, neben Bari und Lecce auch der AC Cesena, Udinese Calcio, Chievo Verona, CFC Genua und US Palermo. Spieler wie Masiello, Paolo Gervasoni, Cristiano Doni sind als reuige Betrüger in den Schlagzeilen. Fabio Pisacane wurde bekannt, weil er eine Straftat angezeigt hat. "Das ist doch etwas ganz Normales", sagt er. "Ich wundere mich, dass meine Anzeige so viel Aufregung verursacht hat." Die Aufregung kam allerdings mit Verspätung. Zunächst war alle Aufmerksamkeit auf Simone Farina gerichtet. Auch er ist ein Verteidiger, auch er hatte einen Bestechungsversuch angezeigt. Ein alter Bekannter aus der gemeinsamen Zeit in der Jugendmannschaft des AS Rom hatte ihm 250 000 Euro geboten, damit Farina dafür sorgt, dass sein Verein, der umbrische Zweitligaabsteiger AS Gubbio, im Pokalspiel gegen Cesena mit einer hohen Niederlage ausscheide. Während niemand von Pisacane sprach, der denselben Mut wie…